Osterrevision 2025
Die Schiffe Solea und Planado stehen ein bisschen wackelig in Port-Saint-Louis-du-Rhône, eine Stunde von Marseille entfernt, an Land. Man muss über eine Leiter hoch an Deck klettern, dort über ganz viele Stolperfallen steigen und eine Holzplanke überqueren, um vom einen Schiff zum anderen zu gelangen. Ein bisschen mühsam, ein bisschen magisch. Auch der Ort, an dem die Schiffe stehen, ist ein bisschen magisch und ein bisschen unheimlich. Die Schiffe sind umgeben von zahlreichen anderen Schiffen, die alle an Land etwas falsch aussehen. Es windet so fest, dass man manchmal Angst hat, die Schiffe würden alle zusammen vorne überkippen.
Die Gruppe, die sich nun drei Wochen intensiv um die Schiffe kümmert, besteht aus ganz unterschiedlichen Menschen. Mit dabei sind Engagierte aus dem Projekt Trans-Atlantik, Mitglieder des Vereins Jugendprojekte sowie einige Verwandte und Bekannte, die sich freiwillig gemeldet haben, mit anzupacken. Wir reisen alle unterschiedlich an: Die Revisionsleitung fährt mit Camper und Anhänger, in dem die Werkbank schon aufgebaut ist, andere kommen mit dem Flugzeug, Zug, Bus, Auto oder BlaBlaCar. Aber irgendwie finden wir alle hierher und bringen viel Tatendrang und Motivation mit.
Als erstes bekommen wir eine Einführung in das, was alles repariert und umkonstruiert werden muss. Bald haben wir alle ein oder mehrere To-do‘s.
Es gibt viel zu tun:
Die Schiffe bekommen neue Generatoren: Sie ermöglichen es unseren Elektromotoren, bei Flaute ein bisschen schneller als zwei Knoten zu fahren.
Eine Befestigungsmöglichkeit, um den Aussenbordmotor des Dinghy’s am Schiff befestigen zu können, wird geschaffen – um bei Windstille voranzukommen, als zusätzliche Sicherheit, falls andere Systeme versagen.
Weiter mussten wir leider alle Elektromotoren auswechseln, weil in deren Getriebe Wasser eingedrungen ist. Das damals verbaute Modell gibt es nicht mehr, was heißt, dass wir die kompletten Befestigungsflansche und Rumpfdurchführungen neu machen mussten. Jetzt hoffen wir, dass die neuen Motoren länger halten.
Viele neue Kabel müssen deshalb eingezogen werden, um eine neue zentrale Batteriebank mit den Elektromotoren zu verbinden und die Solarenergie effizienter zu nutzen. Zudem muss ein großer Teil der Verkabelung erneuert oder ergänzt werden, um den Strom vom neuen Generator zu den Motoren und der Batteriebank zu führen. Ein grosses To-do! Florian Brand und Florian Weber verbringen drei Wochen damit, sich durch enge Fächer zu zwängen und rund 50 Meter lange und dicke Kabel durch beide Schiffe zu ziehen. Am Ende zeigt das neue Display der Steuerung zufrieden an: Alles funktioniert und die Sonne liefert bereits die erste Energie.
Zahlreiche beschädigte Ecken und kleine Löcher an Deck werden abgeschliffen, gereinigt, mit Epoxidharz versiegelt und neu gestrichen – so sorgfältig, dass man kaum noch erkennt, wo vor Kurzem noch ein Ecken ab war.
Zwei der vier Netze werden komplett ersetzt, neu eingefädelt und gespannt. Klingt einfacher, als es ist.
Alle Seitenfenster werden demontiert und durch neue ersetzt – so ist die Sicht wieder ungetrübt und das Salzwasser bleibt wieder draussen.
Es gibt für jedes Schiff zwei neue Solarpanels.
Das Unterwasserschiff wird angeschliffen und neu gestrichen. Ruder und Heck bekommen schon den lange ersehnten und sehr zeitintensiven CopperCoat Unterwasserschutz, dieser ist ökologischer und langlebiger.
Alle Winschen werden gereinigt, geprüft und wieder eingefettet.
Ebenfalls hatten wir die Möglichkeit von den Schiffen aussen und innen ein 3D Modell zu erstellen, um einige Planungsaufgaben besser auch von zuhause aus vorzubereiten. Hier ein grosses Dankeschön an Lou Halter und Shiptec.
Und das ist nicht alles, was am Arbeitsplatz auf dem Stück Karton steht. Eine scheinbar unendliche To-do-Liste.
Über Ostern wird geschliffen, gebohrt, gehämmert – fast rund um die Uhr. Manchmal hört man dabei auch den ein oder anderen verzweifelten Seufzer. Aber: Wir machen die Schiffe bereit für den Atlantik und das motiviert fest.
Die Zeit, so anstrengend wie sie ist, macht uns allen aber viel Spass. Zwischendurch sehen wir fast alle aus wie Schlümpfe, weil sich beim Abschleifen des blauen Unterwasserschiffs der Staub überall absetzt und uns blau färbt. Wir arbeiten kopfüber, zwängen uns in kleine Fächer und haben auch ein bisschen Rückenbeschwerden am Abend. Wir werden ganz schön verwindet, was irgendwann echt anstrengend ist, so als würde jemand ununterbrochen an deinem Körper rütteln. Aber die Stimmung bleibt sehr gut. Am Abend wird lecker gegessen und wir sitzen noch lange am grossen Tisch im AirB&B. Wir lernen uns alle (besser) kennen und haben viel zu lachen und zu reden. Die Gruppe, die sich mehrmals verändert, ist motiviert und wir haben es sehr gut zusammen.
Wir kommen vorwärts, aber sind nach drei Wochen doch noch nicht fertig. Es braucht nochmals ganz schön viel Arbeit und Durchhaltevermögen von ein paar Menschen, vor allem Florian Brand, bis die Schiffe „grösstenteils“ fertig sind. Florian Brandt hat über 2 Monate Arbeit in die Schiffe gesteckt. Ohne ihn wäre die Revision nicht möglich gewesen. Eine zweite Revisionscrew aus teilweise denselben und weiteren Vereinsmitgliedern arbeiten an Pfingsten noch einmal eine gute Woche, um die Generatoren einzubauen.
Mittlerweile sind beide Schiffe wieder in Sardinien angekommen und schon die ersten sind dieses Jahr damit unterwegs. Nach einer vollen Sommersaison geht das Team Trans-Atlantik Ende August zum ersten Mal zusammen auf See. Bis dahin werden immer mal wieder kleinere Sachen repariert und verbessert, und auch auf dem Atlantik wird die Arbeit nicht aufhören. Aber so ist das mit Schiffen, man kümmert sich und steckt enorm viel Zeit und Arbeit hinein. Die Osterrevision 2025 ist also erfolgreich abgeschlossen, die Arbeit aber nie fertig. Danke an unser Team Hardware und an Florian Brand für die ganze Organisation und die viele Arbeit.