Segelwoche bei Sardinien
Wir sind eine zusammengewürfelte Gruppe. Viele kommen aus dem Raum Basel, aber längst nicht alle: Nicolas lebt in Zürich, Theo in Bern, Aurel ist in Dornach aufgewachsen und wohnt seit vielen Jahren in Berlin, und Annso stammt ursprünglich aus Berlin, lebt aber seit eineinhalb Jahren in Basel. Und zudem, dass wir aus ganz unterschiedlichen Ecken kommen, hat sich hier und da unsere Crew wieder verkleinert und dann wieder vergrössert. Unser neuestes Crewmitglied ist erst seit zwei Wochen dabei. Obwohl wir uns also seit über einem halben Jahr regelmässig treffen, haben sich manche von uns bisher nie persönlich gesehen. Das spüren wir ganz besonders in den ersten zwei Tagen, in denen wir in Sardinien sind – wir kennen uns kaum.
Wir wollen zusammen eine Woche zwischen Sardinien und Korsika auf den Schiffen verbringen, das ist der Plan. Wir wollen die Schiffe kennenlernen und schauen, was es noch braucht, bevor wir im Oktober unsere Reise starten. Wir wollen uns besser kennenlernen, schauen, ob sich eine Gruppendynamik entwickelt die funktionieren könnte. Vor allem aber wollen wir zum ersten Mal zusammen segeln.
Florian ist an diesem Samstagmorgen schon früh mit einem dick bepackten Auto in Cannigione angekommen. Mitgebracht hat er neue Signalraketen, eine Ankerwinsch für Solea, zwei nigelnagelneue Dingis samt Motoren, und gleich dazu passende Vorrichtungen, die er in den frühen Morgenstunden dieses Samstags auf unserer Heckplattform montiert. Er hat die Vorrichtungen bereits in Basel konstruiert, sie sollen nun als Halterung für die Motoren dienen, wenn die Dingis gerade nicht im Einsatz sind.
Kurz nach dem Mittag trifft dann auch der Rest unserer Transatlantik-Crew ein. Wir erledigen Einkäufe, räumen die Schiffe auf, räumen all unser Gepäck und die Einkäufe in die Schiffe ein, essen ein letztes Glace und stellen uns schwierigen Aufgaben wie der Kojen-Aufteilung. Fürs erste meistern wir das gut und mit der ersten Aufteilung fühlen sich alle wohl. Dieses Thema wird uns aber noch ein bisschen beschäftigen.
Den Hafen in Cannigione verlassen wir erst um 19:00 Uhr. Mega glücklich und mega müde treffen wir nach einer rassigen Segel-Etappe in der ersten Bucht ein. Sechs Menschen auf einem Schiff ist eine angenehme Crew-Grösse und mit dem vielen Wissen, das schon in der Gruppe vorhanden ist, sind die Manöver an diesem ersten Abend flüssig und flink.
Die ersten Tage dieser Woche gestalten sich sehr divers. Am ersten Tag segeln wir am Wind 22 Meilen von Sardinien nach Korsika. Am zweiten Tag setzen wir keine Segel und verbringen den ganzen Tag in der Bucht. Die Bucht wird von einem kleinen Hügel behütet, den Carmen mit der halben Crew am Morgen erklimmt. Zwei Stunden kämpfen sie sich durch das Gestrüpp. Währenddessen ziehen sich Florian, Dshamiljo und Aurel mit dem neuen Dingi unermüdlich im Kreis. Sie versuchen mit dem Foil, welcher zum Wing-Foil gehört, den wir mit auf dem Schiff dabei haben, aus dem Wasser zu kommen. Der Motor ist zwar etwas zu schwach, die Wellen etwas zu hoch, aber schlussendlich schaffen sie es. Noah und Nicolas lassen ihren Drachen steigen, Carmen versucht sich ebenfalls am Wingfoilen, Iuna und Dshame geniessen weiterhin das neue Freiheitsgefühl, welches so ein Dingi bietet. Nebenbei wird gekocht, Kreuzworträtsel gelöst und viel gelacht.
Auch am dritten Tag bleiben wir in der schönen Bucht Porto Novo auf der Ostseite von Korsika, dieser Tag ist jedoch ganz anders als der letzte. Wir haben noch viel zu tun! Léonie, Carmen, Noah und Annso spannen und flicken Soleas’s Netze, Celina putzt Solea’s gesamten Rumpf. Jakob, Nicolas und Aurel studieren an unserer Webseite rum.
Es fühlt sich anders an als in bisherigen Segelwochen auf Solea und Planado zu sein. Jede und jeder versucht sein Plätzchen zu finden, versucht sich auf die Schiffe und die Menschen einzulassen. Es geht darum, Verbindungen zu knüpfen und gleichzeitig Raum zu schaffen für sich selbst und seine Routinen, die man gerne etablieren oder beibehalten möchte. Es geht mehr denn je darum, sich auf diesen zwei Schiffen, die bald unser Zuhause sein sollen, wohl zu fühlen.
In den darauffolgenden Tagen legen wir wieder ein bisschen Distanz zurück. Wir mischen die Crews auf den zwei Schiffen immer wieder durch und bekommen so ein gutes Gefühl für jede Seglerin und jeden Segler. Wir finden immer mehr zusammen, in den Abläufen während dem Segeln sowie im Alltäglichen.
Wir führen auch viele intensive Gespräche, die uns auf die intensive Zeit in zwei Monaten vorbereiten. Fragen die wir besprechen sind: "Wie viel Körperkontakt ist dir wohl?", "Was brauchst du im Zusammenleben?" und "Isch blüttle oke?". Wir kehren am Freitag mit vielen tollen Erinnerungen, enorm viel Vorfreude und einem schon sehr nahen und engen Gruppengefühl in unseren Hafen in Cannigione zurück. Freitag und Samstag arbeiten wir im Hafen nochmals an den Schiffen. Wir ersetzen die Ankerwinch auf Solea, prüfen alle Seile, montieren neue Spring Halterungen, gehen die ganze Bordapotheke durch, vermessen das Sonnensegel, um in Basel ein neues zu nähen, sortieren die Küchenutensilien und notieren noch fehlendes Material. So schliessen wir die Woche sehr produktiv ab.
So wie wir aus ganz unterschiedlichen Ecken gekommen sind, zerstreuen wir uns auf der Heimreise rasch wieder in alle möglichen Richtungen. Beim Co-Working am folgenden Wochenende, spüren wir die neu gewonnene Vertrautheit. In unseren Bäuchen bleibt die Vorfreude, die uns jetzt bis Mitte Oktober begleitet.